Material INTERN
Wissenswertes für die Beratung zu HIV und STI
Standards und Perspektiven in der HIV-/ AIDS- und STI-Arbeit und -Koordination (2022)
Die Standards wurden im Jahr 2000 erstmals vom Arbeitskreis „Standards und Perspektiven in der AIDS-Arbeit und -Koordination“ formuliert. Vor dem Hintergrund der Veränderungen, die das Infektionsschutzgesetz vorschreibt, wurden diese durch eine Arbeitsgruppe in den Jahren 2002/2003 formuliert und auf der Fachtagung 2008 durch die Mitgliederinnen und Mitglieder eines Workshops überarbeitet. 2. Revision: August 2015, 3. Revision Februar 2022
Mitteilen eines positiven HIV-Testergebnisses
Therapien
Laut Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Deutsch-Österreichischen Leitlinien zur antiretroviralen Therapie der HIV-Infektion besteht eine prinzipielle Therapieindikation bei allen Menschen, die HIV-positiv getestet wurden. Studien haben ergeben, dass ein möglichst frühzeitiger Beginn der antiretroviralen Therapie die Lebensdauer und die Lebensqualität erheblich verbessert.
PEP Kliniken
Bereitungsleitfaden zur Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP)
Im Rahmen eines Projektantrages wurde vom Ministerum für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen die Erstellung eines Beratungsleitfadens zur Prä-Expositions-Prophylaxe für HIV/STI-Berater*innen in den Gesundheitsämtern in NRW gefördert.
Der Leitfaden mit Anlagen steht im folgenden zur Ansicht und zum Download zur Verfügung.
Aids-Phobien
Man unterscheidet zwischen zwei Formen der AIDS-Phobie.
1. Aids-Phobie, neurotische Form
Die Angst entsteht meist durch einen sexuellen Kontakt, der mit Schuldgefühlen verbunden ist oder von Schuldgefühlen gefolgt wird. Die erlernte Verhaltensregel lautet: „Ich habe etwas Falsches oder Böses getan (z.B. Bordellbesuch, Fremdgehen), dann kommt jetzt eine Strafe“. Die erwartete Strafe ist die befürchtete HIV-Infektion. Wenn diese Strafe ausbleibt, weil der HIV-Test negativ ausfällt, verschwinden die Schuldgefühle und die Erwartung von Strafe nicht. Der Konflikt wird nicht gelöst. Die Betroffenen bestrafen sich sozusagen selbst, indem sie fest daran glauben, trotz negativer Tests HIV-positiv zu sein.
2. Aids-Phobie, zwanghafte Form
Die Angst entsteht manchmal durch ein auslösendes Ereignis, sie kann sich aber auch langsam schleichend entwickeln. Oft sind zu früheren Zeiten in der Biographie andere Zwänge aufgetreten, z.B. ein Waschzwang oder extreme Ordnungsliebe. Die zwanghafte Form tritt häufiger bei Frauen auf.
Für die zwanghafte Form der Aids-Phobie ist typisch, dass die Betroffenen befürchten, durch Kontakte mit Oberflächen (Türklinken, Toilettensitze, Händeschütteln) HIV zu bekommen. Die Angst persistiert, auch obwohl die Betroffenen begreifen und wissen, dass sie sich so nicht mit HIV anstecken können. Die Angst wird oft durch bestimmte Verhaltensrituale reduziert, z.B. durch grundsätzliches Desinfizieren von Oberflächen o.ä. Insbesondere tritt Vermeidungsverhalten auf, d.h. dass bestimmte Situationen vermieden werden (Z.B. werden grundsätzlich keine öffentlichen Toiletten benutzt, außerdem tritt Fluchtverhalten auf, d.h. der/die Betroffene flieht aus „gefährlichen“ Situationen(weglaufen, wenn jemand blutet).
Beispiel: Eine Klientin probiert in Boutiquen grundsätzlich keine Hosen an, denn HIV-infizierte Frauen könnten dieselbe vorher anprobiert und mit ihrer Scheidenflüssigkeit „kontaminiert“ haben. Sie kauft Hosen nur nach Größe und zieht sie erst an, nachdem sie sie gewaschen hat. Das ist typisches Vermeidungsverhalten.
Ein guter Hinweis, um die zwanghafte Form von der neurotischen Form zu unterscheiden, ist die Frage: „Haben Sie Angst, hier in unsere Beratungsstelle zu kommen?“ Falls ja, handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um die zwanghafte Form. Die Differenzierung ist wichtig, um richtig therapeutisch zu behandeln. Die zwanghaft Ängstlichen sehen in unseren Beratungsstellen quasi „die Höhle des Löwen“, denn zu uns kommen ja definitiv auch HIV-positive Menschen, die dann Flächen berühren, auf dem Stuhl sitzen, die Toilette benutzen usw.
Grundsätzliches zur Behandlung bei beiden Fällen:
Wichtig ist es, die Angst näher zu analysieren und nicht zu versuchen, sie dem oder der Betroffenen auszureden (Z.B. „Ihre Angst ist doch Quatsch“). Hilfreiche Fragen sind z.B. Wann ist die Angst zum ersten Mal aufgetreten? Was ist vorher passiert? Welche Gedanken kreisen in Ihrem Kopf, wenn die Angst auftritt? Können sie die Angst auch körperlich spüren? Gibt es Situationen, in denen die Angst in besonders starker Form auftritt? Gibt es Situationen, in denen die Angst in abgeschwächter Form oder gar nicht auftritt? Wie verhalten Sie sich, wenn die Angst auftritt? Wer weiß von Ihrer Angst? Wer würde Ihre Angst merken bzw. wer würde merken, wenn die Angst verschwindet? Was würde sich verändern, wenn die Angst plötzlich, wie durch ein Wunder, gelöscht wäre?
- Weiterführende Informationen:
Retrovirus Bulletin 1-2011 AIDS-Phobie
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